Blau...

..war das Thema des Kultursplitters 2006. Hier finden Sie einige Gedichte und Texte zum Thema "Blau" und "Blues".

Bedeutungen von "blau", die sich auf die seelische Stimmung beziehen und im Deutschen fehlen:
"blue"
"traurig"
"melancholisch"

Die Sklaven auf den Baumwoll-Plantagen
im Süden der USA
sangen von ihren extremen Nöten,
der Ausbeutung und der harten Arbeit.
Bluestexte -
aus der Perspektive des Opfers,
des Leidtragenden -
handeln von Verrat,
Resignation,
unerwiderter Liebe,
Rassendiskriminierung,
Gefängnis und Polizei,
Naturkatastrophen,
Arbeitslosigkeit,
Hunger,
finanzieller Not,
Heimweh,
Einsamkeit
und Untreue.

Hier sind einige Texte, die im Kultursplitter verwendet (das heißt gespielt, vorgetragen, gesungen, ...) wurden:

Blaue Stunde (Gottfried Benn)

I
Ich trete in die dunkelblaue Stunde -
da ist der Flur, die Kette schließt sich zu
und nun im Raum ein Rot auf einem Munde
und eine Schale später Rosen – Du!

Wir wissen beide, jene Worte,
die jeder oft zu anderen sprach und trug,
sind zwischen uns wie nichts und fehl am Orte:
dies ist das Ganze und der letzte Zug.

Das Schweigende ist so weit fortgeschritten
und füllt den Raum und denkt sich selber zu
die Stunde – nichts gehofft und nichts gelitten –
mit ihrer Schale später Rosen – Du.

II
Dein Haupt verfließt, ist weiß und will sich hüten,
indessen sammelt sich auf deinem Mund
die ganze Lust, der Purpur und die Blüten
aus deinem angeströhmten Ahnengrund.

Du bist so weiß, man denkt, du wirst zerfallen
vor lauter Schnee, vor lauter Blütenlos,
totweiße Rosen, Glied für Glied – Korallen
nur auf den Lippen, schwer und wundengroß.

Du bist so weich, du gibst von etwas Kunde,
von einem Glück aus Sinken und Gefahr
in einer blauen, dunkelblauen Stunde
und wenn sie ging, weiß keiner, ob sie war.

III
Ich frage dich, du bist doch eines andern,
was trägst du mir die späten Rosen zu?
Du sagst, die Träume gehn, die Stunden wandern,
was ist das alles: er und ich und du?

"Was sich erhebt, das will auch wieder enden,
was sich erlebt – wer weiß denn das genau,
die Kette schließt, man schweigt in diesen Wänden
und dort die Weite, hoch und dunkelblau."
L’Albatros (Charles Baudelaire)

Souvent, pour s'amuser, les hommes d'équipage
Prennent des albatros, vastes oiseaux des mers,
Qui suivent, indolents compagnons de voyage,
Le navire glissant sur les gouffres amers.

A peine les ont-ils déposés sur les planches,
Que ces rois de l'azur, maladroits et honteux,
Laissent piteusement leurs grandes ailes blanches
Comme des avirons trainer à côté d'eux.

Ce voyageur ailé, comme il est gauche et veule
Lui, naguère si beau, qu'il est comique et laid!
L’un agace son bec avec un brûle - gueule,
L'autre mime, en boitant, l'infirme qui volait!

Le Poète est semblable au prince des nuées
Qui hante la tempête et se rit de l'archer;
Exilé sur le sol au milieu des huées,
Ses ailes de géant l'empêchent de marcher.
Der Albatros (Wilhelm Hausenstein)

Oft fängt die Mannschaft auf dem Schiff, gelaunt zum Spiele,
Die Vögel, deren Flug die Meere überspannt;
Gleichmütiges Geleit, so folgen sie dem Kiele,
Der gleitet, ob dem Salz des Abgrunds hingesandt.

Kaum sind die Könige der Bläue zu den Planken
Erniedrigt, lassen sie, von Ungeschick bedrängt
Und Scham, die weißen Schwingen kläglich an den Flanken
Hinschleifen, wie ein Ruderpaar am Nachen hängt.

Der lahme Gast! So schön geflügelt, dass er schweife,
Wie steht er linkisch, hässlich! Komisch in der Schmach!
Den Schnabel neckt ihm einer mit der Stummelpfeife,
Den siechen Flieger äfft ein andrer humpelnd nach.

Der Dichter gleicht dem Fürsten auf der hohen Wolke,
Der eines Bogners lacht, behaust in Sturmeswehn;
Zum Boden her verbannt hört er nur Spott im Volke,
Sein Riesenfittich hindert ihn im Schritt zu gehn.